Allgemein Gedanken einer Mama

Die Verzweiflung über die Welt

26. Februar 2016

Zerrissenheit

Mein kleines zauberhaftes Mädchen.

Ich weiß, die Welt ist so ungerecht. Dies müssen wir momentan durch deine großen Kulleraugen miterleben. Nicht täglich, aber etwa einmal pro Woche zeigst du uns deutlich, was Du von diesem Planeten und seinen Regeln hältst. Heute morgen bist du schier daran verzweifelt, dass dein Schlafanzug nur bis zum Bauchnabel aufzuknöpfen ging. Danach gab es keinerlei Knöpfe mehr, nicht mal mehr eine Naht die ich hätte aufreißen können. Du hast das alles nicht verstanden und gerissen und gezupft… vor allem aber hast du eines: geweint. Und geweint und geweint. Geschluchzt und gewütet. Du warst so erschüttert über diesen Fakt und wir standen hilflos daneben. „Aufmachen“ hast du immer mal wieder mit tränenerstickter Stimme gebrabbelt, aber es ging halt nicht.

Und so standen wir daneben, wollten dich halten, dir helfen, dich beruhigen. Aber du wolltest nicht. Hast Dich weg gedreht, nur um noch schlimmer zu weinen. Irgendwann bist du dann doch zu deinem Papa und hast gefragt „Kannst du mir helfen Papa?“ als dein Papa dann den Schlafanzug ausziehen wollte bist du wieder zurück in deine „alles- ist-so-doof-und-unfair-Welt“. Denn selbst dein Papa schaffte es nicht noch ein paar zusätzliche Knöpfe hinzuzaubern. Er wollte dir einfach nur mit deinen kleinen Ärmchen aus dem Anzug helfen. Wieder waren wir am selben Punkt. Und du noch mehr verzweifelt als zuvor. Mittlerweile wurdest du von Weinkrämpfen geschüttelt. Wir saßen weiterhin stumm daneben und warteten darauf bis Du entscheidest wann du soweit bist und Hilfe annehmen möchtest. Du kleines armes Zauberkind.

Du kannst nicht ahnen, was momentan los ist. In der Welt.

Auf unserer Erde. Kriege, Hunger, Elend. Doch woher sollst du auch ahnen das deine kleinen Probleme Nichtigkeiten für uns ganz große Menschen sind? Gar nicht – und das wissen wir. Also versuchen wir dich und deine Zerrissenheit ernst zu nehmen – auch wenn es manchmal schwer fällt. Wir sind ganz erstaunt darüber, wie dich so scheinbar klitzekleine Dinge aus dem Takt bringen können. Das du sooo verzweifelt bist, über dich, über das, was du scheinbar noch nicht allein schaffst und kannst. Es tut uns so leid, dich so zu sehen. Das es Dinge gibt, die selbst wir nicht für dich lösen können oder die du auch gar nicht durch uns gelöst wissen willst. Wir fühlen uns ganz hilflos und versuchen einfach, dir zu helfen und Trost zu spenden. So ein Schlafanzug kann halt auch einfach doof sein. Manchmal ist es auch der Reißverschluss der Jacke oder die Schnürsenkel der Schuhe, die du unbedingt schon allein zubinden möchtest.

An dieser Stelle sei angemerkt mein Zaubermädchen: Mama kauft vorerst keine Schuhe mehr mit Schnürsenkeln. Nicht noch einmal kann ich mit ansehen, wie du die „Hasenohren“ formen und verknoten willst. Nicht das du es falsch verstehst mein Mädchen. Wir sind nicht böse. Du schreist nicht, du schlägst nicht. Du bist eigentlich ganz ruhig – abgesehen von deinen Weinkrämpfen. Du wütest auch nicht von Punkt A nach Punkt B. Du knallst keine Türen und wirfst uns keinerlei Beschimpfungen an den Kopf. Du bist einfach nur außer Dir, gefangen in deiner kleinen Welt, in der Du noch nicht all die Dinge tun kannst, die du doch schon allein machen möchtest.

Dabei reflektierst du so herzerwärmend. „Wenn ich groß bin, dann kann ich das!“ Ja mein Schatz. „Ich muss noch ein bisschen wachsen!“. Ja meine Lieblingsmaus. Bald schon wirst du auch all diese Dinge lernen und beherrschen. Bald bist du so groß… und andere Dinge werden dich nerven. Dann sind es vielleicht nicht mehr die Schnürsenkel, aber die Matheaufgabe. Ich kann es kaum erwarten!

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